Gefährliche Spielsucht | |
Verfasst von Vojnik am 30.08.2011 um 18:34 Uhr | Seite: 1 |
US-Autor schreibt über „World of Warcraft“ „Ich reiste in die dunkle Welt der Spielsucht“ 60 Stunden pro Woche: Job weg, Ehekrise, Depressionen 60 Stunden pro Woche im Kampf gegen Drachen und andere Monster vor dem Bildschirm! So lange spielte der US-Autor Ryan Van Cleave das Online-Rollenspiel „World of Warcraft“. Dann riss er sich los, schrieb ein Buch über seine Spielsucht. „World of Warcraft” hatte alles andere in seinem Leben in den Hintergrund rücken lassen: seine Frau, seine Kinder, seinen Job. Jede freie Minute saß er am Computer, auch während der Mahlzeiten. Denn die Welt in dem Spiel erschien ihm um so vieles verlockender als die Strapazen des Alltags – nicht zuletzt dann, wenn er sich mit seiner Frau über die überhandnehmenden Zeit am Rechner streiten musste. Später schreibt Van Cleave in seinem Buch: „Ich hatte die ultimative Kontrolle und konnte tun, was ich wollte, ohne mich groß um die Auswirkungen zu kümmern.” Dass die Sache am Ende doch auch „IRL” – Computersprache für „im realen Leben” – zu einem Problem werden könnte, wäre ihm damals nie in den Sinn gekommen. Das Spielen habe ihm ein gutes Gefühl gegeben. SEINE FRAU WAR „ANGEWIDERT“ Rückblick: Van Cleave begeistert sich schon in seiner Jugend in Chicago für Computerspiele. Es ist aber nicht sein einziges Hobby, und andere Jungs spielen auch. Für seine Eltern scheint die Zeit vor dem PC daher nicht bedenklich. Auch im Studium lassen sich die 15 bis 20 Stunden pro Woche noch einigermaßen mit den Verpflichtungen des Alltags in Einklang bringen. Schwierig wird es erst danach. Zu Beginn seines Berufslebens spielt er meist die kompletten Wochenenden durch. Seine Frau, zu dieser Zeit gerade mit dem ersten Kind schwanger, beschreibt ihre damaligen Gefühle im Nachhinein mit nur einem Wort: „angewidert”. Sie habe einfach nicht verstehen können, dass jemand diese Scheinwelt einer echten Familie vorzieht. Doch Van Cleave ist so sehr von dem Spiel fasziniert und gefesselt, dass ihm „die andere Welt” tatsächlich fast egal ist. Die Beziehung leidet zunehmend darunter. Er merkt, dass die Kollegen bei der Arbeit ihn immer mehr meiden. Aber anstatt die Dinge in Ordnung zu bringen, schaltet er lieber den Computer an und taucht ab in die Welt, in der alles nach seinen Vorstellungen läuft. Das Suchtpotenzial des Spiels ergibt sich vor allem dadurch, dass es kein Ende hat. „Es gab immer noch was Besseres und Cooleres”, sagt Van Cleave. „Man konnte nie genug virtuelles Geld haben, genügend Waffen oder ausreichende Unterstützung.” Spielehersteller Blizzard schweigt zu dem Thema. Als im Jahr 2007 sein zweites Kind geboren wird, verbringt Van Cleave etwa 60 Stunden pro Woche mit „World of Warcraft”. Einige Monate später verliert er seinen Job. Als Ersatz findet Van Cleave eine Teilzeitstelle. Plötzlich hat er noch mehr Zeit zum Spielen! Er kauft zwei neue Computer, gibt Hunderte echte Dollar für virtuelles Geld in der Scheinwelt aus. Seine Freunde erkennen ihn kaum wieder. Wenn Dinge des realen Lebens ihn beim Spielen gestört hätten, sei er sehr schnell sehr aggressiv geworden, erinnert sich Rob Opitz, der Van Cleave seit Schulzeiten kennt. Ende Dezember 2007 schließlich sieht Van Cleave selbst ein, dass es auf diese Art nicht weitergehen kann. Nach 18 Stunden nonstop vor dem PC steht er in Washington auf einer Brücke über den Potomac River. Ihm wird bewusst, wie schlecht es um ihn steht. „Die Kinder hassen mich. Meine Frau droht, mich zu verlassen”, so denkt er damals. Und diese Gedanken bringen ihn fast um den Verstand. Beruflich hat er kaum Perspektiven, und wegen des Spielens leidet er an ständigem Schlafmangel. Van Cleave ist kurz davor, ins eiskalte Wasser zu springen. Im letzten Moment überlegt er es sich anders. Er geht nach Hause – und löscht „World of Warcraft” von der Festplatte seines Computers. Van Cleave beginnt von vorne, diesmal „IRL” – „im realen Leben”. Der Weg zurück ist mühsam, aber er schafft es. 2010 erhält er einen neuen Job an einer Universität in Florida. Im gleichen Jahr erscheint sein Buch „Unplugged: My Journey into the Dark World of Video Game Addiction” („Ausgeloggt: Meine Reise in die dunkle Welt der Spielesucht”). Van Cleave ist von „World of Warcraft” losgekommen. Aber noch heute, vier Jahre später, ist er nicht ganz davon befreit. Vor allem nicht in seinen Träumen. Immer wieder spielt er darin einen seiner einstigen „Charaktere”. Wenn er aufwacht, ist er atemlos, schweißgebadet und hat stets den gleichen Impuls: zum Computer zu gehen und sich wieder einzuloggen. Quelle: Bild.de |
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